1000 Jahre Wathlingen: Wathlingens Weihnachtspyramide

(mt) Gute zehn Jahre war sie an unterschiedlichen Orten im Dorf eingelagert, bevor der Heimatverein Wathlingen die Weihnachtspyramide dieses Jahr mit Hilfe engagierter Wathlinger Alt– und Neubürger ganz im Sinne einer dörflichen Aktivkultur wieder aufbaute.

Die viereinhalb Meter hohe Wathlinger Weihnachtspyramide geht auf eine Initiative des inzwischen aufgelösten Wirtschaftsinteressenrings (WIR) zurück. 1999 schufen die Teilnehmer des Berufsförderungslehrgangs am Christlichen Jugenddorf Celle mit ihren Ausbildern die Pyramide. Die handgeschnitzten Figuren des Kirchenmalers und damaligen Ausbilders Reinhold Köhne machen dieses Kleinod zu einem wirklichen Unikat, das sich wohltuend von den üblichen Serienpyramiden auf den Weihnachtsmärkten der Städte unterscheidet. Allerdings entledigte  sich der WIR schon nach einem Jahr der zeitraubend aufzubauenden Pyramide und schenkte sie der Gemeinde Wathlingen. Sie ist dann wohl noch zwei- bis dreimal errichtet worden, bevor sie für Jahre in verschiedenen Magazinen verschwand. Als der Heimatverein sie entdeckte und abstaubte, fehlten zwar wesentliche Teile der Antriebsmechanik, die neu gebaut werden mussten, aber der Gesamtzustand ließ eine Wiedererrichtung machbar und sinnvoll erscheinen.

Die Wurzeln des Weihnachtspyramiden-Brauchtums reichen bis ins Mittelalter zurück. Schon damals hingen sich die Menschen immergrüne Zweige ins Haus, um sich während der Wintermonate vor Unheil und Krankheit zu schützen und auch als Zeichen der Hoffnung auf den Frühling. In anderen Gegenden erhellte man die dunkle Jahreszeit mithilfe von Licht. Beide Bräuche vereinten sich und im 18. Jahrhundert wurden in Kirchen erstmals Lichtergestelle aufgestellt. Diese Gestelle waren meist pyramidenförmige Lattengerüste, die teils mit Grünzweigen umwunden und mit zahlreichen Kerzen bestückt wurden.

Herstellung und Gebrauch von Weihnachtspyramiden gehören fest zur erzgebirgischen Volkskunst. Die ersten, sich drehenden Weihnachtspyramiden, dürften um 1800 entstanden sein. Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein waren erzgebirgische Weihnachtspyramiden eher Einzelanfertigungen in Kleinstauflagen von geschickten Handwerkern hergestellt, die sie als Nebenverdienst schnitzten. Traditionell hat die Geburtsszene auf der Pyramide eine feste Position und dreht sich nicht mit, dagegen umkreisen die Heiligen Drei Könige, Hirten und Schafe die Geburtsszene.

Bis in die 30er Jahre war die Weihnachtspyramide ausschließlich häuslicher Weihnachtsschmuck in den Wohnstuben. Erst danach findet die Pyramide als Großpyramide unter dem Motto „Eine Pyramide für alle“ den Weg in die Öffentlichkeit und wird im Freien aufgestellt.

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