1000 Jahre Wathlingen: Brinksitzer - Kötner - Höfner

(mt) Wer aus Nienhagen die Dorfstraße entlangkommt, der entdeckt kurz vor dem Rathaus auf der linken Seite dieses Straßenschild. Aber wer oder was sind „Brinksitzer“? Die Antwort findet sich in der Dorfgeschichte.

In dem alten Bauerndorf formte sich bis zum 16. Jahrhundert eine Sozialhierarchie, an deren Spitze in Wathlingen 11 „Höfner“ standen. Neben den adligen Gutsherren waren das die ältesten Familien im Dorf. Ihr Besitz war durch Erbrecht vor Zersplitterung geschützt, sie hatten Mitspracherechte und durften die Allemende (Wiesen und Wald) des Dorfes nutzen. Jeder von ihnen besaß eine Hufe (30 Morgen ≈ 8 ha) Ackerland, genug für die Eigenversorgung. Ihre nicht erbberechtigten Söhne fanden eine Zeitlang in der näheren Umgebung Ausweichplätze und gründeten neue Siedlungen. Als dieser Weg erschöpft war, erhielt manch siedlungswilliger Sohn mit Einverständnis der Dorfgemeinschaft einen vom Eigenbesitz des väterlichen Höfners abgetrennten kleinen Platz für eine Kate (Haus), ein Stück Gartenland sowie einen kleineren Anteil an der Allmendenutzung. Geschickte „Kötner“ vergrößerten über Generationen hin ihren Besitz. Allerdings besaß keiner der 27 Wathlinger „Kötner“ damals mehr als 8 Morgen. Zwischen 1300 und 1500 ruhte die Dorferweiterung wegen der attraktiven Abwanderungsmöglichkeit in neugegründete Städte und in die Ostgebiete, aber auch wegen der drückenden Grundherrschaft zu Hause.

Wie überall setzte im 16. Jahrhundert auch in Wathlingen ein Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum ein. So siedelten nach 1500 mit grundherrlicher Erlaubnis am westlichen Rand des Altdorfes – am „Brink“ - die sog. „Brinksitzer“. Rechtlich unterscheiden sie sich nicht von den Kötnern und werden daher oft „Klein-Kötner“ genannt. Es waren ärmliche Bauern mit einem Besitz von 1-2 Morgen, die neben ihrer Landwirtschaft ein bäuerliches Handwerk oder Tagelohnarbeit ausübten. Im Wathlinger Forst durften sie nur Feuerholz sammeln. Nachdem 1671 die 17. und letzte Brinksitzerstelle entstand, war die Entwicklung des älteren Dorfes abgeschlossen.

Es fehlen an dieser Stelle die Knecht, Mägde und die später hinzukommenden „Häuslinge“, die in der Dorfhierarchie unter den Brinksitzern rangierten.

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