1000 Jahre Wathlingen: Die Wathlinger Bockmühle

(mt) Phantasie ist gefragt. Dort, wo heute zwischen Aldi und der Aral-Tankstelle Mietshäuser stehen, lag früher freies Feld. Ungehindert wehte der Wind und trieb Jahrhunderte lang die Wathlinger Bockmühle an – ein Mühlentyp, bei dem das komplette Mühlengebäude auf einem Bock drehbar gelagert ist, um die gerade herrschende Windrichtung zu nutzen.

Irgendwann zwischen 1586 und 1609 hatte die Wathlinger Adelsfamilie von Dageförde vom Landesherrn die Erlaubnis erhalten, in der Wathlinger Feldmark eine Mühle zu errichten. Den Dorfbewohnern wurde der „Mahlzwang“ auferlegt, d.h. sie mussten hier mahlen lassen. Als die Adelsfamilie 1616 ausstarb, verkam die Mühle. 1649 nahm Friedrich von Lüneburg dann viel Geld in die Hand, sanierte die Mühle und verpachtete sie danach mit dem zur Mühle gehörenden Krug, einem Dorfgasthaus. Eine weitere Grundsanierung wurde um 1800 nötig. Mit der seit 1810 aufkommenden Gewerbefreiheit entfiel auch der Mühlenzwang. Die immer weiter an das Mühlenfeld reichende Bebauung nahm der in der Ebene stehenden Mühle den Wind. Auch technisch gesehen war sie mit nur einem „Mühlgang“ (= die Einheit der aufeinanderliegenden beiden Mühlsteine) für Schrot und Mehl veraltet. Der Betrieb wurde immer unwirtschaftlicher, die Pächter wechselten häufig. Während des Ersten Weltkrieges (1914-1918) stand die Mühle schließlich still.

Der legendäre letzte Mühlenpächter Hermann Steinfeld (1895-1996) hauchte der Mühle 1919 noch einmal kurz neues Leben ein. Aber die Energiesicherheit - damals wie heute ein wichtiges Thema - wurde zum Betriebsproblem: „Wenn der Wind gebraucht wurde, kam keiner.“ Steinfeld gab auf und errichtet 1920 im ehemaligen Pferdestall des Gasthofs „Zur Mühle“ (Bahnhofsstraße) eine moderne elektrische Motormühle.

1922 erwarb der Sägewerksbesitzer Timme das Grundstück samt Mühle. Es war zu einem Spekulationsobjekt herabgesunken, denn es ging nur um die Fläche, nicht um die Mühle. Den Rest besorgte in der Nacht vom 6. zum 7. Januar 1932 ein Sturm, der die marode Bockmühle umwarf. Das Trümmerholz wurde unter den Kesseln des Sägewerks verbrannt. Wathlingen hatte sein Jahrhunderte altes Wahrzeichen für immer verloren.

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